STEUERBETRUG UND LIECHTENSTEIN

Eine einfache Frage:

Warum sollte Liechtenstein ein schlechtes Gewissen haben, wenn Deutschland schlicht unfähig ist, das komplizierteste und bürokratischste Steuersystem der Welt endlich zu reformieren?

Rund 70 Prozent der weltweit (!) erscheinenden Steuerliteratur ist in deutscher Sprache abgefasst.

Das bestehende Steuersystem ist so komplex, dass es insbesondere für große Firmen und reiche Mitbürger zahllose Schlupflöcher und Abschreibungsmöglichkeiten bietet. (Siehe hierzu bereits "Anmerkungen 2006".)

Mit lobbyistischer Geschlossenheit wurden alle seriösen Ansätze zu einem vereinfachten und vor allem gerechten Steuersystem verhindert. – Das ist der wahre Grund, weshalb z.B. Friedrich März politisch abserviert und kaltgestellt wurde. (Von dem abgesehen, dass er nicht gerade ein emotionaler Intelligenzbolzen ist.)

Die Lösung ist also beschämend einfach:

1. Ein modernes Steuersystem mit internationalen Standards. (Drei fixe Klassen, die jeder ohne Wenn und Aber zahlen muss. Streichung aberwitziger Abschreibungs-Ungetüme, die Reiche vom Beitrag zum Gemeinwesen auf wahrhaft asoziale Art entbinden.)

2. Wohnsitzverlagerungen ins Ausland nach dem intelligenten US-System handhaben: Wer anderswo Steuern bezahlt oder vielmehr nicht bezahlt (z.B. in Monaco wie die Herren Schumacher, Becker etc.), muss auch seine deutsche Staatsbürgerschaft abgeben. Wer Deutsche oder Deutscher bleiben will, muss auch in Deutschland seine Steuern bezahlen.
Diese Maßnahmen sind in der Praxis weltweit erprobt und bewährt.

Wenn Kanzlerin Merkel jetzt den Managern moralisch zureden will und Liechtenstein mit diplomatischen Offensiven angegangen wird, so ist das lächerlich und an Naivität nicht zu überbieten. Geld regiert die Welt. Und bei Geschäften geht es um Profit. Das müsste sich selbst bis Berlin herumgesprochen haben.

Die gegenwärtige Diskussion ist ein Rohrkrepierer, der vom wahren Problem ablenkt: dem grotesken Übermaß an Bürokratie und der absoluten Lernunfähigkeit gegenüber dem Ausland.

Solange wir unser Steuersystem und übrigens auch unser Bildungssystem nicht auf einen internationalen Standard bringen, wird sich hierzulande rein gar nichts ändern.

Jetzt bin ich nur noch gespannt, wie lange die völlig desorientierte Diskussion braucht, um auf die wahren Ursachen zu stoßen – und ob sie überhaupt so weit vordringt.

Jeder Kleinunternehmer und Mittelständler, ja jeder Arbeitnehmer hätte dem großbürgerlichen Geldadel, der in Deutschland alle Schlüsselpositionen besetzt hält, längst sagen können, warum der Vertrauensverlust in der Bevölkerung so katastrophal ist. – Die Großen zahlen nichts, die Kleinen tragen die gesamte Soziallast für das Gemeinwesen. Das begreift selbst "Liesel Müller von nebenan" weit besser, als viele glauben.

Das ist das größte Problem, das Problem aller Probleme: Wir haben weder in Wirtschaft noch in Politik wirkliche Führungs-Persönlichkeiten. Wie denn auch? Nicht die Leistung, sondern die Herkunft und das Geld der Eltern zählen, um in diesem ausschließlich vom Export lebenden Bürokratie-Staat Karriere zu machen. – In keinem anderen Bildungssystem von fortgeschrittenen Industriestaaten ist dieser Zusammenhang so stark ausgeprägt.

Das Ergebnis ist eben danach.

Günter Bachmann
Textuniversum
20. Februar 2008