16. April 2011

Vom zweifelhaften Vergnügen, recht zu haben

Der letzte Eintrag (18.03. 2011) endete mit der vorsichtigen Prognose, dass Schwarz-Gelb einen beispiellosen Machtverlust erleiden könnte. Der dreiste Lobbyismus bei der Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke und die blindwütige Verteidigung der Atomenergie über Jahrzehnte hinweg haben sich nicht ausgezahlt. Grün-Rot regiert jetzt in Baden-Württemberg, Rot-Grün in Rheinland-Pfalz.
Eigentlich müsste ich mich freuen, mit etwas Glück auch mal hellsichtig gewesen zu sein. Denn „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“ (Karl Valentin). Aber Selbstbeweihräucherung trübt den Blick. Bei näherem Hinsehen ist es traurig, dass wohl nur die Katastrophe in Fukushima die entscheidenden Wählerstimmen für den Regierungswechsel in Baden-Württemberg gebracht hat. Stuttgart 21 allein hätte die Wende kaum geschafft. Trotz aller Intransparenz und Mauscheleien. Trotz aller Planungsschwächen und immer noch fehlendem Leistungsnachweis. Trotz der aggressiv ausgerichteten Polizeistrategie am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten. Das alles hätte die Fortsetzung der Alleinherrschaft der CDU im Ländle nicht stoppen können.

Identitätskrise der Konservativen

Trotzdem markiert die Wutbürgerbewegung gegen Stuttgart 21 eine tiefe Zäsur. Im Wutbürger hat die CDU/FDP nur die Wut, nicht aber den Bürger erkannt. Die bürgerliche Mitte war es, die diesen Protest so groß und stark gemacht hat. Bei der Großdemonstration unmittelbar nach den Vorfällen im Schlossgarten haben unglaublich viele Familien mit Kind- und Kindeskindern und Eltern und Großeltern geschlossen Flagge gezeigt. Beamte, Arbeiter und Angestellte, Architekten, Ärzte und Anwälte, Kulturschaffende wie Unternehmer, Schüler, Studenten und Lehrer und Hausfrauen und Kirchenchöre – sie haben den Protest getragen. Unerträglich waren vor allem die Diskriminierungen durch die Regierungsparteien und ihre Hofberichterstattung in den Medien: Radikale, unverantwortliche Spinner, die den Rechtsfrieden gefährden etc. Diese rote Sockenkampagne hatte noch den Schweißgeruch der Nachkriegszeit in jeder Pore. Und alle hässlich gestopften Löcher der 60er und 70er Jahre. Die Konservativen haben ein neues fundamentales Identitätsproblem: Die eigene Klientel steht plötzlich auf der Straße. Mit dem Zusammenbruch des Kommunismus hat zuerst die Linke, jetzt aber auch die Rechte jede Orientierung verloren. Rechts-links-Denken vermodert auf der Mülldeponie der Geschichte.

Zurück zu den Wurzeln

Manchmal hilft ja die Literatur, um eine Neuorientierung zu finden. Das gilt besonders für konservatives Denken, das ohnehin traditionsgläubig ist. Aus Sorge um die CDU lasse ich den Blick über meine Büchersammlung schweifen. Und bei einem Titel aus dem Ende des 15. Jahrhunderts – nach 57 Regierungsjahren muss man weite Wege zurückgehen – bleibe ich hängen: Sebastian Brant, "Das Narrenschiff" (1494). Ein vorbildliches Werk für das bewahrende und wertorientierte Gemüt. Kurz vor der epochalen Wende zur Reformation und Neuzeit glaubt Sebastian Brant standhaft an die Jungfräulichkeit der Maria. Mit flammenden Worten kämpft er gegen den Verfall des alten Glaubens und fordert die Wiederbelebung der mittelalterlichen Reichsidee. Ein großer Konservativer – auch deshalb, weil er es nicht verschmähte, auf der Höhe der Zeit zu sein: Er war ein humanistisch geschulter Gelehrter und beherrschte somit alle umstürzlerischen Ideen aus dem Effeff. Aus den geistigen Waffen des neuen Denkens schmiedete er aber ein scharfes Schwert zur Verteidigung des alten. Und was den Umgang mit modernen Medien betraf, war er ein innovatives Genie: Er erkannte die pädagogische und volkstümliche Dimension der eben entstandenen Buchdruckerkunst. Also schrieb er in bestem spruchgereimtem Deutsch sein "Narrenschiff". Und um seine konservative Botschaft rüberzubringen, fügte er wunderbare Holzschnitt-Bilder bei. Das hatte Brant von den politischen Flugblättern gelernt, dem ersten Boulevard- und Bildmedium, das weit kursieren konnte. Das Ergebnis von Brants Arbeit ist überwältigend: Das erste deutsche Buch, das in ganz Europa ein Bestseller wurde. Eine geistige Bastion der ursprünglichen christlichen Morallehre. – Da muss doch jedem wackeren CDU-Kämpen das Herz aufgehen.

Hätten sie das "Narrenschiff" schon früher zu Rate gezogen, dann wäre den Konservativen der jetzt so schmerzhafte Selbstfindungsprozess womöglich erspart geblieben. Denn auch zu Bauprojekten hat sich Sebastian Brant wortgewaltig geäußert:

Wer bauen will, der schlag erst an,
Was ihm der Bau wohl kosten kann,
Sonst sieht er nicht das Ende an.

Der Spruch findet sich unter einem Holzschnitt, der verdächtig an Stuttgart 21 erinnert: Der Bauherr sitzt hinter einem leeren Zahltisch. Er trägt eine Narrenkappe und rauft sich verzweifelt die Haare. Drei Bauhandwerker kündigen ihm erbost den Dienst auf und ziehen mit ihrem Werkzeug davon. Im Hintergrund ein verlassener Kran, an dem sinnlos ein Baustein in der Luft hängt.
Darauf folgt das Kapitel "Von törichtem Planen" – und dort ist auch für Herrn Mappus reichlich gesorgt:

Groß Werk hat mancher ausersehn
Und konnte nicht dabei bestehn.
Wer große Dinge leitet ein,
Der muss sich selber Bürge sein,
Ob er gelangen mög’ zum Ziel,
Das er für sich erreichen will,
Damit ihn nicht des Glückes Fall
Mach’ zum Gespött der Menschen all.
Viel besser ist es, nichts beginnen,
Als Schaden, Schand und Spott gewinnen.

Geht es nach Sebastian Brant, dann wird Stuttgart 21 wohl an der Kostenfrage scheitern -

Wer nicht gern Reu beim Bau gewinnt,
Bedenk sich wohl, eh er beginnt,
Denn manchem kommt die Reu zu spät,
Wenn es ihm an den Säckel geht.

Jedenfalls scheint die urchristliche Distanz zum Irdischen und zum Menschenwerk heute zukunftsfähiger als riesige Bauprojekte mit zweifelhaftem Nutzen -

Die Pyramiden kosten viel,
Das Labyrinth auch dort am Nil,
Und mussten doch schon längst vergehn:
Kein Bau der Welt kann lang bestehn!

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18.03.2011

Fukushima und die Denkzäsur

Nach dem Atomunfall im japanischen Fukushima hissen die Atomkraft-Befürworter die weiße Fahne: Jetzt sei es an der Zeit "innezuhalten". Nach Japan sei nichts mehr wie zuvor. Von einer historischen Zäsur, gar Denkzäsur ist die Rede.
Das ist die rhetorische Grundlage von Bundeskanzlerin Merkel: Die Kehrtwende in der Atomkraft scheint gleichsam von außen über uns hereinzubrechen. Wie eine Naturgewalt, die niemand vorhersehen konnte. Da ist es doch vernünftig, unsere AKW im Lichte neuer Gefährdungen auf den Prüfstand zu stellen.

Diese Rhetorik erfüllt ihren Zweck, weil sie vom eigentlichen Thema ablenkt. Denn niemand hat mit so glühendem Glaubenseifer der Atomkraft das Wort geredet wie die CDU und FDP. Niemand war blinder und ideologischer in dieser Frage, niemand verächtlicher gegen jede Kritik: Die deutschen AKW sind die sichersten auf der Welt. Linke Wirrköpfe verstehen nichts von Ökonomie und der Notwendigkeit dieser billigen und sauberen Energie. Was natürlich nicht stimmt, denn in Wirklichkeit ist Atomenergie hoch subventioniert und hoch giftig. Auch gehen nicht gleich "die Lichter aus", wenn man veraltete AKW vom Netz nimmt. Deutschland exportiert Strom, hat also mehr Energie zur Verfügung, als es tatsächlich braucht. Deshalb müssen wir keineswegs "Atomstrom aus anderen Ländern hinzukaufen", wenn wir schneller als bisher auf regenerative Energien umsteigen.
Diese Glaubenssätze sind bis zur Langeweile falsch und tausendfach widerlegt. Trotzdem wurden sie von CDU- und FDP-Politikern über Generationen hinweg wie ein Mantra heruntergebetet.

Der Standpunkt der Atomkraft-Gegner ist ebenfalls bis zum Überdruss bekannt. – Hier die Kurzfassung:
Bei einer Technik, die ein ganzes Land unwiderruflich verseuchen kann, darf absolut nichts passieren. Weil aber nichts auf der Welt absolut sicher ist und also immer etwas passieren KANN, ist diese Technik grundsätzlich abzulehnen. Hier geht es nicht um ein abstürzendes Flugzeug oder einen Autounfall. Mit solchen Restrisiken kann eine Gesellschaft leben. Hier geht es um die Frage, in welches Land eine ganze Nation im Ernstfall evakuiert werden soll? Und zwar auf Nimmerwiedersehen. Angesichts des tödlichen Potenzials und der Lebensdauer radioaktiver Strahlung bleibt JEDES Restrisiko schlicht ein Risiko, das niemand wirklich verantworten kann.

Außer man glaubt, dass niemals sein kann, was nicht sein darf. Wie allen voran CDU, CSU und FDP. Diese unglaubliche Naivität ist eine Tatsache. Das Volk war übrigens klüger, denn das hat gesunden Menschenverstand genug und ist mehrheitlich gegen diese Technik eingestellt.

Was als historische Zäsur und Denkzäsur verkauft wird, ist in Wirklichkeit erst der Beginn eines Nachdenkens, das zuvor gar nicht stattgefunden hat. Sicher: Auch kein Atomkraft-Gegner hätte sich jemals konkret vorstellen können, was gegenwärtig in Japan geschieht. Aber dass derartige Szenarien im Bereich des Denkbaren und Möglichen liegen, das wissen und erklären sie schon seit Jahrzehnten.

Es ist intellektuell einfach erbärmlich, wenn der Kopf erst durch die schreckliche Realität korrigiert werden muss, wo er durch eigenes Nachdenken längst hätte zur Einsicht kommen müssen. Dieses Schicksal ereilt zuweilen alle Parteien und alle Menschen.

Aber der Atomlobbyismus dieser Regierung war nicht nur gedankenlos, sondern bedenkenlos. Es war ein schwerer Fehler, den mühsam hergestellten Konsens über den Atomausstieg und die AKW-Laufzeiten gegen den mehrheitlichen Willen der Bevölkerung wieder aufzukündigen. Dass CDU und FDP jetzt ihre Energiepolitik um die Ohren fliegt und ihr quasireligiöser Eifer für AKW sich als Riesendummheit offenbart, ist nur gerecht. Es geht schließlich nicht um Peanuts. Fukushima lehrt uns, was hier alles auf dem Spiel steht.

Ist das Moratorium also nur eine Wahlkampfmasche? Erst mal Zeit gewinnen, sich als verantwortungsbewusst hinstellen, angeblich aus Japan lernen, was man Jahrzehnte ignoriert hat – und dann weitermachen wie zuvor, mit ein zwei Alt-AKW als Bauernopfer. Im Übrigen auf den kollektiven Alzheimer warten, wenn die Medien am Thema nicht mehr interessiert sind – und dann wird der Freundeskreis der AKW-Konzerne auf Verträge und Gesetze und Entschädigungen pochen.

Oder ist es vielleicht doch ernsthafte Betroffenheit, die schockierende Erkenntnis der eigenen Fantasielosigkeit und Naivität gegenüber der Atomkraft? Vielleicht ist beides ein wenig wahr, vielleicht geht es um Wahlkampf, vielleicht auch um echte Einsicht.

Nicht hinnehmbar ist aber die vorschnelle Unterstellung, das sei kein Wahlkampfmanöver. Wir werden erst nach den wichtigen Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg erfahren, ob es wirklich ehrlich gemeint war: Wenn der ernsthafte politische Wille sichtbar wird, so schnell wie möglich aus der Atomkraft auszusteigen und erneuerbare Energien noch stärker voranzutreiben, erst dann, nach Ablauf des Moratoriums, wird klar sein, ob es sich um ein Wahlmanöver handelte oder nicht.

Bis dahin aber ist Skepsis mehr als gerechtfertigt: Wer sich so schnell vom Saulus zum Paulus wandelt, weil er angeblich ein großes Unglück gebraucht hat, um zu erkennen, dass Radioaktivität ein dicht besiedeltes Land ausradieren kann – dem gebührt schon etwas Misstrauen. Dazu kommt noch die Hörigkeit gegenüber der Atom-Lobby, die nicht erst seit der Laufzeitverlängerung der AKW deutlich zu erkennen ist.

Vor allem fehlt das öffentliche und ehrliche Eingeständnis, dass man in einem lebenswichtigen Bereich vollkommen gedankenlos gehandelt hat. Jawohl - die "linken Spinner" haben recht im Streit um die Atomkraft und leider auch beim Klimawandel. Und wir - wir waren verantwortungslose Wirtschafts-Beton-Schädel. – So ein Bekenntnis hätte zumindest einen Rest von Größe und ebnet den Weg zu einer neuen Glaubwürdigkeit.

Der Auftritt von Klaus von Dohnanyi in Frank Plasbergs Sendung "hart aber fair" belegt, dass es freilich auch in der SPD sehr naive und leichtgläubige Menschen gibt: Herr von Dohnanyi verzichtet auf jede Skepsis. Das Moratorium sei ganz sicher kein Wahlkampftrick, sondern seriöse Betroffenheit. Er muss Prophet sein, weil er jetzt schon weiß, wie es nach dem Moratorium weitergeht. Vielleicht hat er seine tiefschürfende Menschenkenntnis ja am Beispiel des Ex-SPD-Ministers Wolfgang Clement geschult. Denn dieser Atomkraft-Lobbyist ist viel skrupelloser als sich rechtschaffen korrupte Konservative vorstellen können: Zur Verteidigung seines Atomkraft-Arbeitgebers versetzte er einer Parteigenossin mitten im Wahlkampf einen Dolchstoß in den Rücken. Noch nicht einmal in der CDU/CSU hatte die Liebe zum Atom aber jemals die Gehirne so umnebelt, dass man sich derart selbst zerfleischt. Dass man pfeift auf politischen Machterhalt für die eigene Partei.

Herr von Dohnanyi ist vermutlich ein Tiefenpsychologe. Er weiß, dass bei der CDU der Spaß genau dort aufhört, wo die Macht gefährdet ist – vielleicht sogar der Spaß an der Atomkraft. Dann wäre das Moratorium zwar immer noch purer Wahlkampf - aber trotzdem durchaus ernst und seriös gemeint - als konsequenter Opportunismus, der kein Problem damit hat, über Nacht seine Meinung zu wechseln. – Was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an, wenn ich in Amt und Würden bleibe?

Doch nichts auf der Welt ist perfekt. Weder die AKW noch der Opportunismus von Schwarz-Gelb. Der Respekt vor der Mehrheitsmeinung der Bevölkerung wurde von dieser Regierung nicht nur bei der AKW-Laufzeitverlängerung sträflich vernachlässigt. Zusammen mit den übrigen dreisten Lobby-Entscheidungen – vom Immobilienprojekt Stuttgart 21 bis zur Gesundheitspolitik und dem Mietrecht - könnte das den Machtverlust bedeuten.

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24.02. 2011

Das "Medienopfer" zu Guttenberg

Es ist wahrhaftig "abstrus", was sich die Verteidiger Guttenbergs einfallen lassen: Er sei ein Opfer der Medien. Ein regelrechtes "Inquisitionsgericht" werde über ihn abgehalten.
Tatsache ist, dass zu Guttenberg wie kein anderer den Bertelsmann-Springer-Komplex für seine politische Karriere instrumentalisiert hat. Wie kein anderer das Bündnis mit der Boulevard-Berichterstattung gesucht und bedient hat. Wie kein anderer das Produkt genau dieser Medien ist.
Wer so offensiv mit der Medienlandschaft kokettiert hat, muss wissen, dass er die sprichwörtliche Sau ist, die durchs Dorf getrieben wird. Medien rufen heute hosianna! - und morgen kreuziget ihn! Je nachdem, woher der Wind weht. Ein Mechanismus, über den schon viele Politiker mit ihrer eigenen Schlauheit gestolpert sind.
Wer sich mit dem Teufel einlässt, darf sich nicht wundern, dass es irgendwann auch nach Schwefel und Feuer stinkt. Das Medienopfer ist nur die logische Kehrseite eines hemmungslosen Medientäters.

Ebenso aberwitzig ist die Verteidigungsstrategie seiner Parteifreunde: Er sei nicht als wissenschaftlicher Assistent, sondern als Verteidigungsminister berufen worden.
Kompetenzen sind teilbar, Tugenden nicht:
Wer mit betrügerischen Mitteln einen Doktortitel erschwindelt, ist nicht glaubwürdig. Und der Verlust der Glaubwürdigkeit ist nicht auf Nebentätigkeiten beschränkbar. Nach dem Motto: Dort kann ich betrügen, aber anderswo bin ich ein ehrlicher Mann. Wie soll dieser Mensch zum Beispiel als oberster Dienstherr gegenüber den Bundeswehr-Universitäten auftreten?

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22.02. 2011

zu Guttenbergs "gravierende Fehler"

Nach jetzigem Stand wurden im Internet bereits 21,5 Prozent der Guttenberg-Dissertation als Plagiate nachgewiesen. Sogar die Einleitung – das methodische Herzstück jeder Doktorarbeit – stammt aus der FAZ.
Es handelt sich hierbei also um keinen "Fehler". Fehler resultieren aus Unachtsamkeit. Fehler sind und machen menschlich. Diese Arbeit ist nach gängiger Rechtsauffassung ein bewusster Täuschungsversuch. Und auch das Beiwort "gravierend" macht aus einem offensichtlichen geistigen Betrug noch längst keinen "Fehler".

Heutzutage ist übrigens alles ein "Fehler" - wenn die Täter aus elitären Kreisen stammen: Die Sprachregelung stammt von Ex-Bimbes-Kanzler Helmut Kohl, der ein korruptes Schwarzgeld-System mit Briefkasten-Stiftungen und den bewussten Bruch des Parteiengesetzes als Fehler bezeichnete. Unkritisch nachgeplappert von unterwürfigen Journalisten. Und leider nicht bestraft durch eine pflichtvergessene Justiz. Die ganze Härte des Gesetzes bleibt nur einer kleinen Kassiererin vorbehalten, die einen weggeworfenen Kassenbon von ein paar Cent einlöst. Dann spricht man von Betrug und Vertrauensbruch.

"Andere hätten sich eine Auszeit genommen", meinte gestern Ex-Minister Michel Glos. Eine Doktorarbeit erfordere höchste Konzentration, er selbst könne bezeugen, wie hart zu Guttenberg politisch gearbeitet habe. – Nun: Ich kenne viele, die sich keine Auszeit leisten konnten, die sich gerne eine Auszeit genommen hätten, wären sie so reich wie zu Guttenberg. Die mussten wirklich "hart" arbeiten, in Restaurants, als Taxifahrer, im Schichtbetrieb bei hirntötenden Halbtagsjobs, nebst Studium, nebst Dissertation, nebst familiären Pflichten. Und die waren ehrlich. Die haben nicht plagiiert.

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21.02. 2011

Zu Theodor zu Guttenberg

Wer dreihundert oder vierhundert Millionen Euro auf dem Konto hat und trotzdem keine Muße für wissenschaftliche Arbeit findet, ist eindeutig selbst schuld.
Die Diskussion um diesen so fürchterlich arbeitsüberlasteten Doktoranden ist eine Verhöhnung all derer, die sich Studium und Promotion mit selbstverdientem Geld finanziert und unter hohem Existenzdruck eine saubere Arbeit abgeliefert haben.

Niemand hat ihn dazu gezwungen, eine Dissertation zu schreiben. Niemand gezwungen, zur gleichen Zeit Politik zu treiben. Bei diesem Bankkonto gibt es keine beruflichen Zwänge.

Und eben darin liegt das Verächtliche seines Verhaltens: einen akademischen Titel zur bloßen Dekoration einer privilegierten Karriere-Befindlichkeit herabzuwürdigen.

In der Wissenschaft gibt es keinen Geburtsadel. Dort adeln nur der Geist und der Fleiß. Sonst nichts.