Zitate: Zeitlose Zeitgeschichte

Schließlich hasste er mit allen seinen Kräften die neue Generation, diese Sippschaft von grässlichen Lümmeln, die den Drang verspürt, im Restaurant und im Café laut zu sprechen und zu lachen, die einen auf dem Trottoir anrempelt, ohne um Verzeihung zu bitten, und die einem, ohne sich auch nur zu entschuldigen oder zu grüßen, die Räder eines Kinderwagens zwischen die Beine rammt.
Joris-Karl Huysmans, Gegen den Strich (1884)

Da in unseren Zeiten Konsequenz in der Denkart und die Beharrlichkeit, sich lange mit einer einzigen Sache zu beschäftigen, schon an sich sehr selten sind, so wird durch das Lesen der Journale die Verwirrung der Begriffe und die Zersplitterung des Geistes immer allgemeiner gemacht, wovon jene nur der Ausdruck sind; und Wissbegierde hat sich in bloße Neugier verwandelt.
A.W. Schlegel ("Allgemeine Übersicht des gegenwärtigen Zustandes der deutschen Literatur" (1802))

Ja hoffen wir denn, wenn einmal der Rost und die Sorge für das Vermögen die Geister befallen hat, man könnte noch Dichtungen schaffen, die wert sind, mit Zedernöl bestrichen und im Zypressenschrein aufgehoben zu werden?
Horaz ("Über die Dichtkunst", 1.Jh. vor Christus)

"... jene argen Tage der inneren Leere und Verzweiflung, an denen uns, inmitten der zerstörten und von Aktiengesellschaften ausgesogenen Erde, die Menschenwelt und so genannte Kultur in ihrem verlogenen und gemeinen blechernen Jahrmarktsglanz auf Schritt und Tritt wie ein Brechmittel entgegengrinst, konzentriert und zum Gipfel der Unleidlichkeit getrieben im eigenen kranken Ich..."
Hermann Hesse (Der Steppenwolf)

... der Mensch ist dem Menschen das Interessanteste und sollte ihn vielleicht ganz allein interessieren. Alles andere, was uns umgibt, ist entweder nur Element, in dem wir leben, oder Werkzeug, dessen wir uns bedienen. Je mehr wir uns dabei aufhalten, je mehr wir darauf merken und teil daran nehmen, desto schwächer wird das Gefühl unsers eignen Wertes und das Gefühl der Gesellschaft.
Goethe, Wilhelm Meisters Lehrjahre (1795/96), Buch 2, Kap. 4

Das Nomadenleben, welches die unterste Stufe der Zivilisation bezeichnet, findet sich auf der höchsten im allgemein gewordenen Touristenleben wieder ein. Das erste wurde von der Not, das zweite von der Langenweile herbeigeführt.
Arthur Schopenhauer, Aphorismen zur Lebensweisheit

Nur das Klima vertauscht, nicht den Sinn, wer über das Meer fährt.
(Horaz)

Weltlauf
Hat man viel, so wird man bald
Noch viel mehr dazu bekommen.
Wer nur wenig hat, dem wird
Auch das Wenige genommen.

Wenn du aber gar nichts hast,
Ach, so lasse dich begraben –
Denn ein Recht zum Leben, Lump,
Haben nur die etwas haben.
Heinrich Heine